Der Prozess
Am Morgen erwacht Herr K. und zwei Männer erklären ihm, er sei verhaftet. Gegenüber dem Aufseher beteuert er seine Unschuld und weiß doch nicht, wer ihn warum angeklagt hat. Sie führen ihn nicht ab. Alles ist wieder so wie immer, doch etwas ist anders.
Er versucht alles zu vergessen, und geht seiner täglichen Arbeit als Bankbeamter weiter nach. Schließlich geht er zu einer Vorladung des Gerichtes und wird mit einem labyrinthischen, alles beherrschenden, bürokratischen System konfrontiert, das ihn vernichtet.
Der ausgebildete Jurist Franz Kafka skizziert in seinem Roman eine Justiz, die Unrecht schafft, deren Vertreter vorgeben, Recht zu sprechen, sich an kein Gesetz halten, ihrem eigenen Vorteil folgen und willkürlich entscheiden. In diesen albtraumartigen Szenen herrschen mächtige Gestalten, die nicht zu fassen sind und alles bestimmen. Niemand kann sich aus der behaupteten Schuld, der drohenden Bestrafung, aus der ohnmächtigen Abhängigkeit von diesen Vertretern der Justiz befreien.
Franz Kafka schrieb sich seine Kindheit von der Seele. Er erzählte von seiner Familie, in der der Vater despotisch alles kontrollierte. Selber etwas zu wollen war unmöglich, nur der Wunsch des Vaters zählte. Die Figur des Herrn K. ist eine Persönlichkeit, die von seinen eigenen Schuldgefühlen gequält wird, ohne etwas verbrochen zu haben. Diese grundlosen Selbstvorwürfe schaffen erst die Notwendigkeit, sich einer Macht zu unterwerfen, um sich so von der unbewussten Schuld zu befreien.